Was man heute weiß ist:
Schmerz ist kein verlässlicher Maßstab für Gewebeschäden. – Ein intensiv wahrgenommer Schmerz bedeutet nicht zwangsläufig, dass im Körper eine schwere Verletzung vorliegt – und umgekehrt kann ein großer Gewebeschaden überraschend wenig weh tun.
Ein Beispiel hierfür ist Henry K. Beechers Beobachtung während des zweiten Weltkriegs. Ihm fiel auf, dass Soldaten, die damals auf dem Schlachtfeld schwer verwundet worden waren, überraschend oft über weniger Schmerzen klagten, als Patienten in der Heimat, die nur geringfügige Verletzungen erlitten hatten (Beecher, 1949).
Schmerz wird von vielen Faktoren beeinflusst. – „Schmerz ist multifaktoriell“ Diesen Satz hast du vielleicht schon mal von einem unserer Physios gehört. Und das sagen wir nicht, weil wir keine Ahnung haben, wieso du Schmerzen hast, sondern was wir damit meinen ist: Einflussfaktoren für die Schmerzentstehung können nicht nur eine Verletzung sein, sondern auch unsere Gedanken, Gefühle, unser soziales Umfeld, allgemeiner Stress, Zukunftsängste, die Erinnerung an eine vorangegangene Verletzung und vieles mehr.
Auch diese Art von Gedanken können die Schmerzwahrnehmung erheblich verstärken.
Je länger ein Schmerz besteht, desto unberechenbarer wird die Verbindung zum ursprünglichen Auslöser. – Chronischer Schmerz verselbständigt sich oft. Das anfängliche Knieproblem mag längst verheilt sein, doch der Schmerz bleibt als unerwünschtes Andenken. Zudem kann der Schmerz bei einer Chronifizierung meistens nicht mehr scharf lokalisiert werden, sondern sich diffus ausbreiten. Häufig sind Behandlung auf Strukturebene und ausschließlich manuell dann nicht mehr zielführend. Das psychosoziale Modell wird dann zunehmend wichtiger.
Schmerz entsteht, wenn das Gehirn Gefahr wittert. – Man kann sich Schmerz als bewusstes Alarmsignal vorstellen, das aufleuchtet, wenn das Nervensystem der Meinung ist, der Körper müsse geschützt werden, selbst wenn objektiv keine akute Bedrohung mehr besteht.
(Moseley, 2007; Bassimtabar 2025; Jensen 2025)
Physiotherapeutische Übungen sind mehr als nur Pflichtprogramm – sie sind dein Werkzeug, um wieder stark, beweglich und schmerzfrei zu werden. Wenn du verstehst, warum du bestimmte Übungen machst, bekommst du ein klares Ziel vor Augen und es fällt dir leichter eine Routine aufzubauen. Du siehst nicht nur, was du tust, sondern wofür du es tust. Und genau das gibt dir die Kraft, dranzubleiben – auch an Tagen, an denen die Motivation fehlt. Denn du trainierst nicht einfach nur – du holst dir Stück für Stück deine Lebensqualität zurück.
Dein Körper baut nach einer Entlastungsphase durch Schmerz, Urlaub, Schonung etc. ab. Bestimmte Aktivitäten sind dann nicht mehr in deinem Belastungskreis. Schmerzen oder Probleme können nun gegebenenfalls eher auftreten als vor deiner Entlastungsphase. Die Lösung: Aktivität an aktuelle Situation angepasst kontinuierlich wieder steigern, bis du die Ursprungssituation wieder erreicht hast.
Lösung A: Eimer vergrößern
Lösung B: Stressoren aus dem Eimer nehmen
Schmerz verstehen heißt Kontrolle zurückzugewinnen. Es ist wichtig, dass du deinen Schmerz verstehst, um besser mit ihm umgehen zu können. Wenn du weißt, warum du Schmerzen hast und wie sie entstehen, kannst du gezielter Maßnahmen ergreifen und Behandlungen besser nutzen. Das Verständnis kann auch Ängste verringern und ein Angst-Vermeidungsverhalten verhindern. Studien zeigen, dass Menschen, die ihren Schmerz besser verstehen, oft auch weniger Schmerzen empfinden und sich insgesamt wohler fühlen. Deshalb lohnt es sich, dich mit den Ursachen und Mechanismen deines Schmerzes auseinanderzusetzen, um eine wirksame Linderung zu erreichen. Solltest du irgendwann wieder ähnliche Beschwerden bekommen, kannst du dir vielleicht sogar selbst helfen, und es ist kein Grund mehr zur Panik, wenn du einige Wochen auf einen Physio- oder Arzttermin warten musst. Denn: Du kannst jetzt selbst wirksam werden!
Deine Schwierigkeiten liegen eher in der Beinmuskulatur, im Gleichgewicht und in der Zunahme des Sturzrisikos? Dann vereinbare einen kostenlosen Ersttermin in unserer Laufschule.
Bassimtabar, A. (2025). Schmerzmanagement: Ein wissenschaftliches Kompendium für die Physiotherapie. Springer.
Beecher, H. K. (1949). The powerful placebo. Journal of the American Medical Association, 138(17), 282–287.
Jensen, J. (2025). Schmerz verstehen: Fünf wegweisende Artikel im Überblick. DK Sports Academy. Zugriff nur mit Abonnement. Abgerufen am 29. Juli 2025, von https://academy‑dk.de/simple‑tipps/schmerz‑verstehen‑fuenf‑wegweisende‑artikel‑im‑ueberblick/
Kade, F. (2024). Schmerzanalyse bei Rückenschmerzen [Onlinekurs]. Zugriff nur mit Kauf. Abgerufen am 29. Juli 2025, von https://www.felixkade.de/schmerzanalyse-bei-rueckenschmerzen-onlinekurs/
Moseley, G. L. (2007). Reconceptualising pain according to modern pain science. Physical Therapy Reviews, 12(3), 169–178. https://doi.org/10.1179/108331907X223010